Mondlandung: Wehner im Freibad

Vor 50 Jahren: Minister arbeitet, Ministeriale sehen Landung auf dem Mond

Christoph Meyer, Vorsitzender der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung, informiert:

Vor 50 Jahren, am 21. Juli 1969, hat Herbert Wehner zwar seinen Ministerialbeamten zum Ansehen der Mondlandung im Fernsehen dienstfrei gegeben, sich selber aber nicht. Die Dresdner Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung legt hierzu eindeutige Beweise vor. Fazit: Wehner als Chef war nah an den Bedürfnissen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sich selbst aber schonte er nicht.

Der Beweis: Aus den Terminkalendern von Herbert und Greta

In seiner Reportage „Ganz weit oben“ in der Süddeutschen vom 13. Juli 2019 berichtet Holger Gertz darüber, dass der Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen, Herbert Wehner, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seines Ministeriums, die sich in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 die Mondlandung im Fernsehen ansehen wollten, dienstfrei gegeben hat. Er meint dann: „Ob Herbert Wehner sich ausnahmsweise auch dienstfrei gegeben hat, ist nicht überliefert.“

Das lässt sich aber doch prüfen! Ich habe einfach mal in Herbert Wehners Terminkalender nachgesehen, und das Ergebnis ist eindeutig: Herbert Wehner hat sich nicht dienstfrei gegeben. Am Sonntag, den 20. Juli nahm er ab 15 Uhr an der Hauptversammlung des Evangelischen Kirchentages teil. Greta hatte ein Doppel- und ein Einzelzimmer im Stuttgarter Hotel Ruf in der Friedhofstraße 21 reserviert.

Am nächsten Tag, dem Montag, einem sehr heißen Tag, an welchem die Beamten und Angestellten des Ministeriums dienstfrei nehmen durften, hatte Herbert Wehner den ganzen Tag politische Termine im Saarland. Laut Saarbrücker Zeitung vom 22. Juli besichtigte er bei einer Rundfahrt das Saargummiwerk in Büschfeld, die Boch’schen Werke in Mettlach sowie die Ford-Werke in Saarlouis. Außerdem kam er in Saarlouis zur feierlichen Einweihung des neuen Freibades zwischen Roden und Fraulautern. Der Reporter vor Ort vermerkte: „Herbert Wehner selbst vollzog die Freigabe (er sprang natürlich nicht ins Wasser).“

Es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass der 63jährige Herbert Wehner sich die Mondlandung – etwa in dem Stuttgarter Hotel – selbst nachts im Fernsehen angesehen hat. Einen Fernseher wird es damals im Hotelzimmer nicht serienmäßig gegeben haben. Vor allem aber war er ausgeschlafen, denn in dem Bericht heißt es, der Bundesminister habe „die Strapazen des gedrängten Programms sichtlich gut überstanden“. Wehner wirkte bei diesem Besuch humorvoll; im Scherz warf er dem Bürgermeister Dr. Henrich „Sadismus“ vor, „weil er ihn nicht nur zum einladenden Freibad, sondern bei dieser tropischen Temperatur auch noch zu dem ‚vorzüglich gelungenen Hallenbad‘ geführt habe, ohne daß er es praktisch erproben könne“.

Die Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung in Dresden dient der politischen Bildung sowie der Wahrung des Andenkens von Herbert und Greta Wehner. Sie verfügt, wie auch diese Geschichte zeigt, über einen bedeutenden und aussagekräftigen Nachlassteil des großen sozialdemokratischen Politikers Herbert Wehner.

 

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