Kommentar von Dr. Jürgen Schmude
(29.10.2002) Zum dritten Mal nach seinem Tod im Januar 1990 führen Journalisten und einzelne Politiker eine öffentliche Debatte über Herbert Wehner. Dabei geht es, wie schon 1993, um Behauptungen des Hamburger Geschichtsforschers Müller, Herbert Wehner sei 1937 in Moskau ein „exzessiver Funktionstäter“ gewesen.
Dazu ist festzustellen:
- Außer einem Befehl des sowjetischen Geheimdienstchefs Jeschow werden bisher keine neu aufgefundenen Dokumente benannt. Ob dieser Befehl tatsächlich auf Vorarbeiten Herbert Wehners zurückgeht, bleibt zweifelhaft.
- Die einseitige Auswahl von Quellen reicht nicht, um Herbert Wehner eindeutig zu belasten.
- Die Anschuldigungen gegen Herbert Wehner werden aus dem geschichtlichen Zusammenhang herausgelöst, nämlich einer Situation extremen Drucks und der Bedrohung durch die kommunistische und die nationalsozialistische Diktatur.
- Herbert Wehner hat sich durch seine Verstrickung in die stalinistischen „Säuberungen“ mit schuldig gemacht. Aber er hat seine Fehler nicht geleugnet. Er hat sich nach 1945 aktiv und mit bleibendem Erfolg für die Demokratie in Deutschland eingesetzt. Tausenden bedrängten Menschen, vor allem in der DDR, hat er persönlich aus ihrer Notlage herausgeholfen.
Herbert Wehner hat aus seinen Erfahrungen mit dem Totalitarismus die richtigen Konsequenzen gezogen. Auch das macht ihn zum Vorbild im vereinigten Deutschland.
Dr. Jürgen Schmude
Bundesminister a.D.
Sprecher des Freundeskreises Herbert-Wehner-Bildungswerk
Herbert Wehners Verdienste um Demokratie und Menschenrechte bleiben ungeschmälert