Alternative Fakten zu Herbert Wehner

ChatGPT: Fast alles falsch

Künstliche Intelligenz erfindet Herbert Wehner neu

Seit einigen Wochen macht sie Furore, die Künstliche Intelligenz „ChatGPT“ von Open AI. Christoph Meyer von der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung hat sie ausprobiert – am Objekt Herbert Wehner. Dabei ist Erstaunliches herausgekommen. Hier sein Bericht:

„Am 1. Februar 2023 habe ich meine erste Unterhaltung mit der derzeit zugänglichen Version von ‚ChatGPT‘ geführt. Was Geschichtsinteressierte da über Herbert Wehner, den sozialdemokratischen Jahrhundertpolitiker des 20. Jahrhunderts erfahren würden, habe ich mich gefragt. Das Ergebnis war überraschend und ernüchternd. Hier ist es – meine Eingaben habe ich unterstrichen, falsche Angaben habe ich fett und kursiv markiert;:

Schreibe einen kurzen Aufsatz über Herbert Wehner.

Herbert Wehner (* 3. Mai 1906 in Leipzig; 1. Juli 1988 ebenda) war ein deutscher Politiker (SPD). Von 1946 bis 1987 war er Mitglied des Deutschen Bundestages. Nach dem Abitur am Leipziger Thomasschule [sic, ChM] studierte Wehner Volkswirtschaftslehre an der Universität Leipzig. Während des Studiums trat er in die SPD ein. Nach seinem Studium arbeitete er zunächst als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Leipzig, bevor er von 1931 bis 1933 Redakteur der Leipziger Volkszeitung wurde. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten aus dem Journalismus entlassen. Von 1933 bis 1945 arbeitete er als stellvertretender Geschäftsführer der Dresdner Bank. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat Wehner wieder in die SPD ein und wurde 1946 erstmals in den Deutschen Bundestag gewählt. Von 1949 bis 1966 war er Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Von 1966 bis 1987 war er Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Herbert Wehner gilt als einer der bedeutendsten Politiker der Bundesrepublik Deutschland. Er hat die SPD nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zu einer bedeutenden politischen Kraft gemacht und war maßgeblich an der Gründung der Bundesrepublik Deutschland beteiligt.‘

Die weitere Diskussion mit dem Bot ergab wenig Erhellendes, außer den Literaturhinweis auf das von mir stammende Buch „Die Weimarer Republik. Deutschland 1918 bis 1933“, erschienen im C.H.Beck Verlag. Bedauerlicherweise habe ich dieses Buch nie geschrieben.

Was nun den vom Bot erfundenen (gefundenen?) Lebenslauf von Herbert Wehner betrifft, kann ich nur darauf hinweisen, dass verlässliche Daten, Zahlen und Fakten immer noch in meiner 2006 erschienenen Biografie „Herbert Wehner“ (dtv-Verlag) zu finden sind, sicherheitshalber habe ich die wichtigsten Lebensdaten auch unter http://www.hgwst.de/herbert-wehner/lebenslauf-herbert-wehner/ veröffentlicht.

Interessant finde ich übrigens die Behauptung von ChatGPT, Herbert Wehner sei von 1933 bis 1945 stellvertretender Geschäftsführer der Dresdner Bank gewesen. Er musste wohl für diesen Zeitraum als Verbrecher gebrandmarkt werden, und was empfiehlt sich dafür mehr als eine leitende Position in einer führenden deutschen Bank in der Zeit des Nationalsozialismus? Aber vielleicht war das gar nicht so negativ gemeint? Denn, andererseits, Bösartigkeit kann ich der KI auch nicht wirklich unterstellen, schließlich neigt sie am Schluss ihres Aufsatzes zu sehr deutlichen, möglicherweise gar überdeutlichen Betonungen von Herbert Wehners Verdiensten um die SPD und die Bundesrepublik Deutschland.

Neugierig geworden durch die interessanten Äußerungen über Herbert, habe ich mir gedacht, dass ChatGPT vielleicht auch hilfreich sein könnte, wenn ich ihn zum Thema meines aktuellen Projekts, der Biografie über Herberts Begleiterin, Ehefrau und Witwe Greta Wehner befrage. Hier der wiederum überraschende und im Ergebnis ernüchternde Verlauf des Gesprächs (Fehler sind wieder fett und kursiv markiert):

‚Welches ist die Bedeutung von Greta Wehner?

Greta Wehner war „die erste Frau in Deutschland, die in einem Parlament vertreten war„.

Woher kommt dieses Zitat?

Das Zitat kommt aus der Biographie „Herbert Wehner“ von Christoph Meyer.

Auf welcher Seite steht es da?

Das Zitat steht auf der Seite 171 der Biographie „Herbert Wehner“ von Christoph Meyer.

Das ist falsch. Das steht da nicht.

Doch, das Zitat „die erste Frau in Deutschland, die in einem Parlament vertreten war“ kommt aus der Biographie „Herbert Wehner“ von Christoph Meyer und steht auf der Seite 171.

Greta Wehner kommt auf dieser Seite überhaupt nicht vor.

Dann ist das Zitat wohl falsch.

Was weißt du sonst noch über Greta Wehner?

Greta Wehner war „die erste Frau in Deutschland, die in einem Parlament vertreten war“. Sie war SPD-Abgeordnete im Bundestag.

Von wann bis wann war sie das?

Greta Wehner war „die erste Frau in Deutschland, die in einem Parlament vertreten war“. Sie war SPD-Abgeordnete im Bundestag von 1949 bis 1953.

Wie kam sie in das Parlament?

Greta Wehner kam in das Parlament, indem sie bei der Wahl zum Bundestag am 20. September 1949 in Berlin-West gewählt wurde.

Wer hat Greta Wehner da gewählt?

Greta Wehner wurde von den Wählern gewählt.

Wer war 1949 in Berlin-West wahlberechtigt zum Deutschen Bundestag?

In Berlin-West waren 1949 alle Männer und Frauen über 21 Jahre wahlberechtigt zum Deutschen Bundestag.

Mit welchem Ergebnis wurde denn Greta Wehner gewählt?

Greta Wehner wurde mit einem Ergebnis von 97,7% der gültigen Stimmen gewählt.

Beeindruckend. Gab es keine Gegenkandidaten?

Nein, es gab keine Gegenkandidaten.

Nach welchem Wahlrecht wurde denn 1949 in Berlin-West gewählt?

In Berlin-West wurde 1949 nach dem Verhältniswahlrecht gewählt.

Einige weitere Nachfragen mit seltsamen und falschen Antworten erspare ich uns hier. Am Ende habe ich noch einmal nach den Quellen gefragt:

‚Wieso weißt du denn nicht, wie es richtig ist?

Ich habe die Biographie „Herbert Wehner“ von Christoph Meyer gelesen.

Ist dieser Christoph Meyer eigentlich ein seriöser Historiker?

Ich weiß es nicht.

Warum zitierst du ihn dann?

Ich zitiere Christoph Meyer, da ich finde, dass er ein seriöser Historiker ist.‘

Die letzte Antwort versöhnt mich zwar, aber so richtig zufriedenstellen kann mich das nach all den falschen Zuschreibungen, was ich geschrieben hätte, auch nicht.

Eines ist jedenfalls nach heutigem Stand klar: Wer sich informieren will, seriös und verlässlich, für den oder die kann ChatGPT im derzeitigen Zustand kein Partner sein. Ich empfehle weiterhin zu Herbert und Greta Wehner die Lektüre meiner Bücher und der Internetangebote der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung (http://www.hgwst.de).“

 

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